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Demografische Entwicklung

 Die Herausforderung

Eine große, wenn nicht die größte politische Herausforderung der nächsten Jahre wird von einer Entwicklung ausgehen, die schlagwortartig als demographische Alterung unserer Gesellschaft bezeichnet wird. Gemeint ist damit das Ansteigen des Alterslastquotienten, also das Verhältnis der Bevölkerungsgruppe der über 60jährigen zur Gruppe der 20- bis unter 60jährigen Bundesbürger.

 

Nach einer Prognose des Statistischen Bundesamtes wird der Anteil der über 60-Jährigen von zurzeit rund 20 % bis zum Jahr 2030 auf etwa 35 % der Gesamtbevölkerung ansteigen. Die deutsche Bevölkerung vergreist also zusehends, was sich in der Grafik als eine Veränderung von einer Pyramide zum wachsenden Pilz äußert. Mit dem wachsenden Anteil der Alten und Hochaltrigen wächst auch die Anzahl unterstützungs- und pflegebedürftiger Menschen. Finanzieren heute noch drei Erwerbstätige einen Rentner, wird es in 30 Jahren nur noch ein Erwerbstätiger sein.

Der skizzierte Alterungsprozess ist charakteristisch für fast alle hochentwickelten Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften. In der Bundesrepublik Deutschland ist er jedoch besonders ausgeprägt und wiegt umso schwerer, als die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich zu anderen führenden Industrienationen mit Abstand den geringsten Anteil der nachwachsenden unter 15jährigen Personen an der Gesamtbevölkerung aufweist.

 

Diese Entwicklung resultiert aus erheblich gesunkenen Geburtenzahlen, aus dem Rückgang der Sterblichkeit in jungen Jahren und vor allem aus der Zunahme der Lebenserwartung und wird mannigfaltige und tiefgreifende Auswirkungen auf das gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Leben in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die Demographie ist somit eng mit dem sozialstrukturellen und auch kulturellen Wandel verbunden und beide wirken stark auf das Gefüge der sozialen Sicherung ein.

Eine immer größer werdende Anzahl hilfsbedürftiger Menschen, wie es auch in der nebenstehenden Grafik gezeigt wird, steht den jüngeren gegenüber, belastet sie und fordert Unterstützung.

Wer sich der Sachlage bewusst wird, merkt, dass hier ein Case-worst-Szenario beschrieben wird.

Wenn die Politik etwas unternimmt und Lösungen schafft, können wir diese Entwicklung abwenden.

Erste Konsequenzen sind bereits sichtbar. So sollen politische Maßnahmen in den verschiedensten Bereichen die Rahmenbedingungen schaffen, um die prognostizierte Entwicklung gesellschaftlich bewältigen zu können.

Die Verabschiedung der Sozialen Pflegeversicherung und staatliche Modellprogramme wie etwa die Seniorenbüros sind weitere Beispiele. Des Weiteren sollte eine Sozialpolitik nicht den Fehler begehen, die gesellschaftliche Reproduktion zu erschweren durch Benachteiligung von Familien mit Kindern zugunsten des Festhaltens am Modell der Normalfamilie, dessen Vorherrschaft der soziokulturelle Wandel zunehmend infrage stellt.

Anzumerken ist auch, dass die Forschungsbemühungen in der Geriatrie und Gerontologie verstärkt werden müssen, um geeignetes wissenschaftliches Datenmaterial zu bekommen und die Politik entsprechend reagieren kann.

 Veränderungen in der Gesellschaft

Das Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung hat 1995 einen Schnellbericht zur Alterssicherung in Deutschland (ASID ‘95) herausgegeben.

Dabei wurde die Bevölkerung ab 55 Jahren in den neuen und alten Ländern Deutschlands erfasst. Dabei stellte sich heraus, dass dazu 21,81 Mio. Personen, 17,71 Mio. leben in den alten und 4,10 Mio. in den neuen Bundesländern, zählen.

Diese Zahlen werden in den nächsten Jahren durch die steigende Lebenserwartung, die verbesserten Lebensbedingungen und medizinischen Fortschritte noch deutlich ansteigen.

Diese Menschen müssen in naher Zukunft gepflegt werden und sie haben alle Anspruch auf Kostenübernahme durch die Pflegeversicherung. Nur noch wenige Ältere leben mit ihren Angehörigen zusammen, die die Pflege übernehmen könnten und nur wenige freie Heimplätze, stehen für die große Anzahl der Bedürftigen zu Verfügung. Wer soll hierfür die Kosten übernehmen? Reicht die Finanzierung der Pflegeversicherungsbeiträge dafür aus? Tritt die Pflegeversicherung hier nicht an ihre Grenzen und ist zu einem Scheitern verurteilt, da ihr das Geld für die Pflege ausgeht? Eine düstere Prognose zur Zukunft der Pflegeversicherung stellt Prof. Winfried Schmähl, Leiter eines Forschungsprojektes der Hans-Böckler-Stiftung, über die Entwicklung der Pflegeversicherung. Danach wird bei einem konstanten Beitragssatz von 1,7 % die Pflegeversicherung in nicht allzu ferner Zukunft unbezahlbar sein. Für die Gründe dieses Dilemmas hält die Wissenschaft die Tatsache, dass Pflegebedürftige künftig verstärkt Sachleistungen in Anspruch nehmen werden. Liegt der Anteil der für die Pflegekassen günstigeren Geldleistungen momentan noch bei rund 80 %, so werde er im Jahr 2030 voraussichtlich auf knapp 50 % zurückgehen. Dies sei durch immer kleiner werdende Haushalte, geringer werdendes familiäres Pflegepotential und steigende Erwerbstätigkeit von Frauen bedingt.

Dem Modell der Normalfamilie wie auch der normalen Erwerbsbiografie werden durch die mittels der bekannten Schlagwörter Individualisierung der Lebensläufe und Pluralisierung der

Lebensformen gekennzeichneten Prozesse die Fundamente entzogen. Der prototypische "Eckrentner" wird zunehmend aussterben, d.h. eine Lebensstandardsicherung als sozialpolitisches Ziel ist nicht (mehr) zu gewährleisten.
Diese Entwicklung zeigt, inwiefern ein strukturkonservatives Sozialsystem gesellschaftliche Veränderungen wie den problematischen Verlauf der demographischen Entwicklung verstärken kann. Mit besonderem Nachdruck weist insbesondere Kaufmann auf die Gefährdung der (Wohlstands)Sicherung einer Gesellschaft hin, wenn deren Reproduktion aufgrund eines drastischen Geburtenrückgangs nicht mehr auf gleichem Niveau gewährleistet ist. Er vertritt aus dieser Einsicht die konsequente Forderung nach einer beträchtlichen (kontrollierten) Zuwanderung. Auf diese Weise ist ein zentrales Kriterium für eine Reform des Sozialstaates benannt: der soziokulturelle Wandel in Form der Schwächung der Normalfamilie zugunsten heterogener Formen des Zusammenlebens muss vom Abschied einer ehezentrierten Sozialpolitik begleitet werden zugunsten einer Fokussierung auf die Lage und Unterstützung der Kinder selbst.
Inwieweit politisches Handeln erneut widersprüchlich in das Sozialsystem eingreift, verdeutlicht Lampert auf folgende Weise:
"Wenn in einer Gesellschaft ständig undifferenziert das Rationalprinzip und das Prinzip individueller Gewinnmaximierung als gemeinwohlförderliche Verhaltensprinzipien gerühmt werden und ihre Befolgung propagiert wird, sollte man sich nicht wundern, wenn bei vielen Menschen das Bewusstsein für die Bedeutung und die Notwendigkeit solidarischen Verhalten schwindet".

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